Nachtrag zur Dienstbesprechung zur kreativen Notengebung vom 31.10.2024.
1. Studienlage:
– es gibt zahlreiche Studien zur Notengebung
– Schlussfolgerung: begrenzte Aussagekraft von Schulnoten und vergleichsweise geringe Rolle von emotionalen und sozialen Kompetenzen in Lehrplänen
– Bsp. IQB Studie: Durchführung von Kompetenztests und Fragebögen mit 9. Klässlern in den Fächern Mathe und Englisch, um Leistungen/Kompetenzen und Schulnoten zu vergleichen
Ergebnisse:
-> großer Unterschied zwischen gezeigten Kompetenzen und Noten (nur teilweise deckend) der Schülerinnen und Schüler im Vergleich
-> Unterschiedliche Noten bei ähnlichen Leistungen und gleiche Noten bei unterschiedlichen Leistungen
-> Föderalismus sei nicht der Grund für die mangelnde Vergleichbarkeit von Schulnoten – es zeigten sich vor allem Unterschiede zwischen Schulen innerhalb eines Bundeslandes und auch innerhalb einer Schule
– Ergebnisse der OECD-Erhebung über sozio-emotionale Fähigkeiten: für die schulische Entwicklung sind vor allem emotionale Kompetenzen wichtig
-> OECD Lernkompass 2030 liefert einen Rahmen, wie die Bildung der Zukunft gestaltet werden muss und welche Kompetenzen Schülerinnen und Schüler benötigen, um die eigene Zukunft aktiv mitgestalten zu können
-> Interaktive Anwendung von Medien und Mitteln (z.B.Sprache,Technologie, Informationsverarbeitung)
-> Interagieren in heterogenen Gruppen (Zusammenarbeit und Konfliktlösung)
-> Eigenständiges Handeln (im persönlichen, beruflichen und gesellschaftlichen Kontext)
-> Transformationskompetenzen (Werteentwicklung, Verantwortung, Konfliktbewältigung)
2. Rechtlicher Rahmen
– Siehe §49 Grundlagen des Unterrichts („ganzheitliche Förderung“ im „kognitiven, sozioemotionalen und psychomotorischen Bereich“) und §50 Grundlagen der Leistungsfeststellung und Leistungsbeurteilung (1. „pädagogische Verantwortung und Freiheit der Lehrkraft“; Leistungen als „Schritte und Resultate im Lernprozess“; 2. „vielfältige mündliche, schriftliche und praktische Beiträge“, „Arbeitsformen müssen im Unterricht geübt worden sein“, „Leistungsbeurteilung erfolgt punktuell oder epochal“
– Siehe auch Schulgesetz §25
– Fokus der heutigen Dienstbesprechung auf der Brandbreite der sonstigen Leistungen
– § 53 Leistungen nach „Grad des Erreichens von Lernanforderungen“ beurteilen, „Individuellen Lernfortschritt“, „Leistungsbereitschaft“ und „Lerngruppe“ berücksichtigen, wichtig: Beurteilungskriterien transparent machen
– Anmerkungen: Alle Formen der Leistungserhebungen müssen alle Noten ermöglichen. Daher ist eine Note 6 z.B. für nicht gemachte Hausaufgaben nicht möglich. Nichterbrachte Leistungen können in anderer Form in Notengebung reflektiert werden.
3. Folgerung für Prüfungsformate in der Praxis
– Folgerungen für den Unterricht: Prüfung als Folge des Unterrichts, eine neu etablierte Prüfungskultur beeinflusst entsprechend notwendigerweise die Lernkultur -> d. h. durch die Gestaltung neuer Rahmenbedingungen ist eine Einflussnahme auf die Prüfungskultur möglich
4. Ansatzpunkte für Schulentwicklung
– durch die Veränderung von Rahmenfaktoren können neue Prüfungsformate gestaltet werden. Folgende Rahmenbedingungen und Einflussmöglichkeiten wurden in dieser Sitzung diskutiert:
Raum: Klassenraum, außerschulische Lernorte, Virtuelle Räume
Hilfsmittel: Tippkarten, freie Recherche/ eigenständige Materialrecherche, Besuch von/bei Experten, technische Unterstützung, vorgefertigtes Material (Konkrete Beispiele: Gentrifizierung Berlin: eigene Recherche, wie man Experten kontaktieren kann; Podcast; Filme; Rollenspiele; Portfolios; Schulbuchseite eigenständig gestalten (z. B. Geschichte: Verfassertext schreiben, Quellenauswählen, QR Code zu Explainity-Video oder Zeitzeugenberichten, Originalvideoaufnahmen, Lexikonartikel selbst schreiben,…); Zu einem Thema – aus Vielfalt an Produkten auswählen lassen; Schulveranstaltung planen
Produkt: Vorgeben oder frei wählen lassen; Multimediale Produkte
Feedback: Durch Schüler, Lehrkraft, Öffentlichkeit, KI; Kriterienkatalog (wird so zum Produkt selbst)
Sozialformen: Einzelarbeit – Partnerarbeit – Gruppenarbeit; Eigenständige Wahl des Teams, Reflexion der Teamarbeit; Einteilung durch Lehrkraft
Zeit: Festgelegte Zeit, selbst ausgewählter Prüfungszeitraum; Flexibel wählbarer Zeitraum: 5 Minuten bis halbes Jahr
Aufgabe: Themenwahl vorgeben/ selbst wählen; Schüler erstellen Aufgabe für andere
Kompetenzen: Reflexionskompetenz; Recherchekompetenz; Zeitmanagement; Persönlichkeitsentwicklung; Kommunikationskompetenz; Verantwortungsübernahme; Teamfähigkeit/ Kooperationsfähigkeit; Konfliktlösungskompetenz; Generell soziale/ emotionale Kompetenzen
5. Chancen und Herausforderungen
– Chancen: Motivation; Förderung sozialer Kompetenzen; Verschiedene Lerntypen werden berücksichtigt; Alltagsbezug; Verantwortung; Zeit in der Stunde nutzen
– Herausforderungen: Zeitlicher Rahmen; Organisation; Akzeptanz im Kollegium; Lehrerausbildung; Neudefinition der Lehrerrolle (Lernbegleiter); Einheitlicher Bewertungsmaßstab
6. Weiterentwicklung:
– Kollegialer Austausch
– Gemeinsame Planungen jedes Jahr zu Beginn des Schuljahres
– Sammlung iServ
– Studientag
– Minifortbildungen
– Schilf
– Fachdienstbesprechungen
– Austausch mit anderen Schulen
– Einbindung von Schülerinnen und Schülern
– Flexibler Stundentausch
